Im August 1943 entschied die deutsche Reichsregierung mit
der Ausrufung des "totalen Krieges", auch die Produktion wichtiger
Waffen unter die Erde zu verlegen. Unter Leitung des Konstrukteurs
und SS-Sturmbannführers Wernher von Braun hatten deutsche
Wissenschaftler seit Jahren den Bau der A 4 - Rakete verfolgt;
Himmlers SS wollte der Industrie jetzt die Serienfertigung
durch Zwangsarbeiter aus ihren Lagern ermöglichen. Häftlinge
sollten von nun an die Fabriken bauen, in denen Raketen zum
Angriff auf London, Antwerpen, Maastricht und Lille hergestellt
werden konnten.
Im Harz entstanden die Konzentrationslager Langenstein und
Dora. Hier arbeiteten am Ende des Jahres 1944 zeitweise 20.000
Häftlinge in Tages- und Nachtschichten am Bau der Tunnelsysteme,
der Raketenfabriken und der Massenproduktion der "V"-Waffen.
Die meisten der Zwangsarbeiter starben innerhalb weniger Wochen
an den unbeschreiblichen Arbeitsbedingungen. Der Staub im
Tunnel, die giftigen Gase, der Hunger und die völlige Erschöpfung
dienten nur einem Ziel: der Vernichtung der Häftlinge und
der Beseitigung aller Zeugen durch die Arbeit in den Stollen.
Auch 5.000 deutsche Zivilarbeiter, davon die Hälfte aus den
umliegenden Ortschaften von Langenstein und Dora, arbeiteten
täglich in den unterirdischen Fabriken. Jeden Tag sahen sie
den Untergang der Häftlinge mit an. Sie selbst waren zu Wächtern
der Häftlinge und Aufsehern über die vernichtenden Arbeitsbedingungen
geworden.
Der Film
Diese Ereignisse und Überlegungen bilden den Hintergrund
unseres Films, aber nicht seinen Anlass. Der Anlass war ein
Besuch in den gerade freigelegten Resten des Konzentrationslagers
Langenstein-Zwieberge sowie in den unterirdischen Stollen
des Lagers Mittelbau-Dora, in denen monatelang die Häftlinge
eingesperrt waren und arbeiteten.
Der Film enthält das, was sich heute mit dem eigenen Auge
selbständig entdecken und erfahren lässt. Wir möchten nicht
das Bekannte mit Worten erläutern, sondern das wenig Bekannte
auf der Leinwand zeigen, mit unseren Bildern den Anlass für
eine eigene Erfahrung und für die Neugierde nach der Geschichte
schaffen. Die unserer filmischen Konzeption zugrunde liegende
Erfahrung ist, dass der Anblick der von der Geschichte übriggelassenen
und nun wieder aufgetauchten Reste des Konzentrationslagers
Langenstein Unklarheiten und Fragen hinterlässt. Ganz besonders
an diesem Ort, denn das Vorgefundene ist weder erklärt noch
eingeordnet. Das ist ein großer Vorteil für die Absicht des
Films. Denn indem man zunächst versucht, aus dem eigenen Wissen
oder Nichtwissen eine Erklärung für jedes dieser zahlreichen
unbekannten Details des Ortes zu finden, beginnt man etwas
zu sehen, einige Details von den Lebensbedingungen im Lager
zu erfahren, eine eigene Erfahrung mit der Geschichte zu machen.
Der eigene, selbständige Blick ist es, der uns eine neue
Erfahrung im Umgang mit den schon mehr oder weniger bekannten
Informationen zu ermöglichen scheint. Wir unterstreichen diese
Haltung des Sehens, indem wir nicht etwa die Reste des Lagers
in einigen Einstellungen gleichsam als stumme Zeugen zu "dokumentieren"
versuchen; sie werden stattdessen als Spuren einer unbegriffenen
Geschichte betrachtet.
Die Protagonistin des Films, aus einer anderen Kultur und
einem fremden Land kommend, untersucht diese Orte des verborgenen
Schreckens auf für uns ungewohnte Weise in den Plansequenzen
des Films; eine für sie fremde Geschichte, die sie in den
Bildern zu erfahren und zu entschlüsseln sucht. Das
Prinzip Dora entstand aus einer politischen wie persönlichen
Erfahrung - Claudette Coulanges selbst ist die Protagonistin,
die aus eigener Sicht auf dieses Kapitel deutscher Geschichte
stößt.
Available as
35 mm |
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Engl. Subtitles |
35 mm |
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Dt. Untertitel |
Blu-ray Disc |
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DVD |
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